Vorsitzender des AWO Kreisverband-Worms e.V., Hans Herbert Rolvien, kritisiert Entlastungspaket und sieht hohen Handlungsbedarf im Kampf gegen Armut!
“Die Armutspolitik in der Pandemie ist eine Politik der Armut“
Jetzt, im zweiten Corona-Winter, trudeln immer neue Fakten ein, die deutlich machen: Vor dem Virus sind nicht alle gleich: Reiche werden im Schnitt noch reicher, Ärmere werden noch ärmer. Benachteiligte Kinder werden noch stärker benachteiligt. Doch der öffentliche Aufschrei ist ausgeblieben und man setzt sich nach ein paar kurzen Aufregungen wieder zur Ruhe. Für mich war die Armutspolitik der Großen Koalition in der Pandemie eine Politik der Armut. Und der im Mai 2021 an alle Grundsicherungsempfänger gezahlte Corona-Bonus von 150 Euro als Einmalzahlung war viel zu gering.
Trotz des pandemiebedingten Wegfalls vieler Hilfsangebote, wie die Angebote der Tafeln, kostenlose Schulessen oder Sozialkaufhäuser, ist fast ein ganzes Jahr lang nichts passiert. Und in den Maßnahmen der Bundesregierung, wie in den „Sozialschutzpaketen“, wurden die einkommensschwachen Menschen in der Coronakrise mehr als vernachlässigt.
“Wir brauchen keine Lippenbekenntnisse, sondern eine spürbare Veränderung und schnelle zusätzliche Unterstützung für Menschen, die von der Grundsicherung leben“, so die Forderung des Vorsitzenden des AWO Kreisverband-Worms e.V. Hans Herbert Rolvien.
Denn die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise werden auch bei uns jetzt immer stärker sichtbar. Wir sehen in unserer Heimatstadt Worms, wie gerade die Schwächsten unter den sozialen Folgen der Pandemie leiden.
Denn diejenigen in unserer Stadt, die bereits in Armut leben, bringen die explodierenden Gas- und Strompreise und die aktuellen Preisexplosionen bei den Lebensmitteln, in existenzielle Not.
Auch reichen die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um drei Euro zum 1. Januar und der in Aussicht gestellte Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger nicht aus, um die Kaufkraftverluste aufzufangen. Diese Regelsätze bekämpfen Armut nicht, sie zementieren sie und es ist allerhöchste Zeit, armutspolitisch gegenzusteuern.
Deshalb fordern wir von der Bundesregierung jetzt die rasche Einlösung des Koalitionsversprechens, dass der Sofortzuschlag für von Armut bedrohte Kinder zügig ausgezahlt wird.
Die Regelsätze müssen schnellstmöglich auf 650 Euro steigen. Eine grundsätzliche Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze 2022, sowie die Verbesserungen bei Wohngeld und BAföG, halten wir in kurzer Zeit für möglich. Denn die Zeit drängt, es muss jetzt entschlossen gehandelt werden. Wir können nicht mehr abwarten!
„Ich wünsche mir, dass die Politik das Thema ‚Armut‘ endlich ernst nimmt!“ Politiker*innen in Kommunen, Ländern und auf Bundesebene müssen endlich handeln, um die schon vor der Coronakrise deutlich gewordenen sozialen Verwerfungen, die sich in der Pandemie noch erheblich verschärft haben, zu beenden“, fordert Rolvien.
Im Koalitionsvertrag finden sich ambitionierte Schritte zu einer gerechteren und nachhaltigeren Gesellschaft.
Es kann nicht sein, dass ausgerechnet die Ärmsten wieder einmal auf der Strecke bleiben und es wäre nur sozial gerecht, wenn die Gewinner der Pandemie für einen Ausgleich sorgen.
Doch das aktuelle Entlastungspaket der Bundesregierung, das einen Ausgleich für gestiegene Energiepreise bieten soll, zeigt, dass wieder nur die Haushalte mit dem größten Portemonnaie profitieren, “Das ist ein fatales Ergebnis“, konstatiert Rolvien.
Hartz-IV-Beziehende bleiben bei einer völlig unzureichenden Einmalzahlung von 100 Euro wieder mal auf der Strecke. Die von Armut betroffenen Kinder sollen wegen der hohen Energiepreise einen Sofortzuschlag von 20 Euro pro Monat ab dem 1. Juli erhalten: „Dieses Ergebnis des Koalitionsausschusses ist weder ökologisch zielführend noch haushaltspolitisch vernünftig und erst recht nicht sozial,“ so Rolvien und er ergänzt: „Dass aktuell die FDP ihre Erfolge vor allem in der Sozialpolitik feiert -also auf ursozialdemokratischem Terrain- und dass die Grünen neoliberalen Ideologien und Modellen aufsitzen, ist nicht neu. Aber für die SPD ist das eine peinliche Verleugnung der eigenen Tradition und sozialpolitischer Erfolge“. „Mit einer gerechten Welt wird’s wohl nichts. Wieder keine Reichen- und Vermögenssteuer. Reich bleibt reich, Arm bleibt arm. Müssen wir wieder vier Jahre warten? „Nicht gut“ so Rolviens Fazit.