„Alte Menschen sind wie ein Museum: Ihre Fassade bröckelt, ihr Inneres steckt voller Schätze“, sagt Hans Jakob Helfrich, 15 Jahre aus Diez.

Seit Februar 2019 engagiert sich Hans Jakob Helfrich ehrenamtlich im AWO Seniorenzentrum Am Hain. Sein Engagement besteht durch eine Kooperation mit dem Sophie-Hedwig Gymnasium: Jens Reutzel, Ethik- und Religionslehrer, ist federführend für den Besuchsdienst verantwortlich.

Hans Jakob hat mittlerweile vier Bewohner näher kennengelernt und erzählt über  seinen Besuchsdienst im AWO Seniorenzentrum folgendes: „Alt waren für mich immer alle Menschen, die 10 Jahre älter als ich sind. Aber was heißt alt eigentlich? Ich denke sofort an kleine, weißhaarige Großmütterchen, die vom Schaukelstuhl aus ihre Enkel mit klebrigen Bonbons füttern. Hutzelige, haarlose Greise, die den ganzen Tag im Sessel verschlafen. Kranke, vergessliche und leider zu oft vergessene Menschen. Natürlich sind das nur Vorurteile und Klischees. Denn ich kenne ein paar sehr coole alte Leute, die weder gebrechlich noch vereinsamt sind, wie z.B. meinen Opa oder meinen Nachhilfelehrer. Wenn man ihnen zuhört, merkt man schnell wie viel sie wissen. Einfach ALLES! Sie waren

schon überall, haben alles gesehen, gehört und selbst erlebt. Dann gibt es noch meine Uroma. Ihr Wissen reicht sogar noch weiter zurück, bis zum Krieg. Richtig, der zweite Weltkrieg – echt alt! Leider wohnt meine Uroma weit weg und ich kann sie nicht oft besuchen, um mit ihr zu reden. Auch im AWO Seniorenzentrum Am Hain gibt es alte Menschen, wie meine Uroma, deren Kinder und Enkel zu weit weg wohnen. Der geneigte Leser mag es sich bereits gedacht haben, jetzt kommt die Besuchsdienst AG unserer Schule (Sophie-Hedwig Gymnasium) ins Spiel! So schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Einsame Menschen bekommen eine gute Gesellschaft – mich. Und ich erfahre viele witzige, oft auch traurige und ernste, aber immer interessante Geschichten. Wem das nicht reicht, dem Winken eine positive Bemerkung auf dem Zeugnis, haufenweise gute Karmapunkte für die Seele und sogar eine Urkunde. Es gibt noch viele weitere Gründe an der AG teilzunehmen, denn man sammelt hier unterschiedlichste Erfahrungen. Man lernt viele verschiedene Menschen kennen und mit ihnen umzugehen. Das ist nicht immer einfach, denn die Bewohner sind körperlich eingeschränkt. Sie können nicht mehr so gut laufen, hören, sehen oder manchmal sogar sprechen. Auch geistig sind manche sehr unbeholfen, da sie z. B. Schlaganfälle erlitten haben oder demenzkrank sind. Wenn man „seinen Alten“ erstmal näher kennengelernt hat, entwickeln sich aber sehr schnell wertvolle Freundschaften. Manchmal leider nur von kurzer Dauer, denn man darf nicht vergessen, wie alt manche der Bewohner wirklich sind. So kam es schon vor, dass ich mich nach meinem Besuch von einem netten Menschen verabschiedet habe, ohne zu wissen, dass es für immer war, weil er kurz darauf verstorben ist. In einem anderen Fall, war es nicht das Verabschieden, sondern das Begrüßen. Denn manchmal musste ich mich mehrmals am Tag erneut vorstellen bei einer Frau, die ich seit fast einem Jahr besuche. Demenz ist nicht lustig wie bei „Täglich grüßt das Murmeltier“, sondern traurig und frustrierend. Meistens macht der Besuchsdienst jedoch sehr viel Spaß, wenn man gemeinsam lacht, spazieren

geht oder sich einfach unterhält, ein Spiel spielt, Kreuzworträtsel löst oder zusammen Kaffee trinkt. Alte Menschen gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und nicht irgendwo alleine und vergessen aufs Abstellgleis, denn sie sind, was wir werden und waren, was wir sind. Wenn ihr dabei sein wollt, meldet euch bei Herrn Reutzel!“