Der Anstoß ergab sich eher zufällig. Der Fotograf Werner Baumann aus Höhr-Grenzhausen hatte den Auftrag erhalten, die Mitarbeiter des AWO-Seniorenzentrums Kannenbäckerland abzulichten – also eigentlich eine Routinesache. Doch dann wurde auf einmal mehr daraus – viel mehr.

Während der Arbeit mit den Mitarbeitern kam Baumann, der schön häufig mit der AWO auf den verschiedensten Ebenen zusammengearbeitet hatte, nämlich immer wieder auch mit Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung, die er zum Teil persönlich kannte, ins Gespräch. Unter ihnen waren auch Menschen mit Demenz in ihren unterschiedlichen Stadien, was den Fotografen sofort tief berührte. Deshalb ließ sich Baumann von der Hausleitung über die Pflege und den Umgang mit solchen Menschen unterrichten und erfuhr dabei von dem psychobiografischen Pflegemodell nach Professor Böhm, das bei der AWO-Rheinland die Grundlage für den Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen bildet.

Das Thema ließ Werner Baumann nicht mehr los; er vertiefte sich weiter in die Materie und insbesondere in die Schriften, in denen Professor Böhm sein Pflegemodell erläutert.

Dass mit dem Einsetzen der Krankheit die intellektuellen Leistungen alter Menschen mehr und mehr nachlassen, nicht aber die emotionalen Empfindungen, war für Werner Baumann, der gerade bei Porträtaufnahmen die Physiognomie der Menschen aufmerksam beobachtet, wie ein Signal.

Der Gedanke, an Demenz erkrankte Menschen zu porträtieren, nahm Gestalt an.

Bei den beabsichtigten Aufnahmen ging es Werner Baumann ausschließlich darum, zu zeigen, dass eine Krankheit Menschen zwar zeichnen, aber nicht ihrer Würde berauben kann. Die entsprechenden Aufnahmen zu machen, erforderte von dem Fotografen deshalb neben viel Zeit und Geduld auch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen. Um die Einwilligung der Angehörigen der betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner zu erhalten, stellten Einrichtungsleiterin Claudia Schmitt und die Ehrenamtskoordinatorin Gerti Höhlein die Kontakte her. „Dabei gab es keinerlei Probleme“, sagt Baumann. „Viele der Angehörigen kannten mich aufgrund meiner Tätigkeit und schenkten mir ihr Vertrauen“.

Werner Baumann wurde bereits vielfach für seine Arbeiten ausgezeichnet.

Werner Baumann, der schon vielfach für seine Arbeiten ausgezeichnet wurde – darunter zwei Staatspreise Rheinland-Pfalz für das Kunsthandwerk sowie vier Förderpreise – hat im Rahmen seiner jüngsten fotografischen Tätigkeit für das AWO-Seniorenzentrum Kannenbäckerland Porträts in einer Größe von 2,50 Metern mal ein Meter im Querformat geschaffen und daneben Leitsätze von Professor Böhm platziert. Sie wurden auf Aludibond kaschiert, ein Untergrund, der eine brillante Wiedergabe auf Dauer garantiert. Dadurch sind beeindruckende Exponate entstanden, deren Ausdruckskraft fasziniert und die den hohen Respekt widerspiegeln, die der Fotograf den alten Menschen entgegenbringt.
In einer Ausstellung sollen die meisterhaften Fotos im neugestalteten Wohnbereich für Demenzkranke im Seniorenzentrum Kannenbäckerland Anfang des kommenden Jahres zu einer Ausstellung zusammengestellt werden.