Es war ein kalter und regnerischer Vormittag. Doch als Sozialdienstleitung Silvia Kullmann Bewohner und Gäste im freundlich geschmückten Speisesaal zum Maifest herzlich willkommen hieß, zeigte sich neugierig die Sonne und einige blaue Himmelsflecken waren tatsächlich zu sehen. Mit dem Gedicht „Alles neu macht der Mai“ vorgetragen von Bewohnerin Annerose Winand, dem gemeinsam gesungenen bekannten und sehr alten Volkslied „Der Mai ist gekommen“, mit der Erinnerung an alte Maibräuche und leckerer Maibowle wurde der Frühling von allen gerne begrüßt. Doch nicht nur der Monat Mai wurde gefeiert. Im Rahmen des Maifestes und der AWO-Aktionswoche wurde das 100jährige Jubiläum der Arbeiterwohlfahrt gebührend gewürdigt mit einer musikalischen Reise durch die Zeit. Betreuungskraft Annette Zeis lud alle ein zu einem Bewegungstanz im Sitzen. Ein Schlagerpotpourri aus den zwanziger und dreißiger Jahren, zusammengestellt von Bewohnerbeiratsvorsitzenden Hans Günter Junker, füllte schnell die Tanzfläche. Günter Kronauer setzte die musikalische Reise fort, spielte mit dem Akkordeon und überraschte alle Zuhörer mit bekannten Schlagerhits der 50er und 60er Jahre bis heute. Bärbel Schreyer führte mit der Sitzgymnastikgruppe eine Choreographie zu zwei Liedern der Amigos vor. Begeistert sangen, klatschten, tanzten und bewegten sich die Festgäste zur Musik.
Silvia Kullmann referierte über die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt. Sie stellte den Festgästen die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt und ihre aussergewöhnliche Persönlichkeit vor. Maria Juchacz, SPD-Politikerin, Sozialrechtlerin und Sozialreformerin gründete die Arbeiterwohlfahrt am 13.12.1919. Nach dem ersten Weltkrieg herrschte Arbeitslosigkeit, Not und Armut. Die Arbeiterwohlfahrt sollte die Selbsthilfe der Arbeiterschaft stärken. Es wurden Nähstuben mit Arbeitsplätzen für Frauen eingerichtet, in Schulen und Volksküchen gab es Mahlzeiten für Kinder und alte Menschen, die besonders von Unterernährung bedroht waren. Es wurden für kriegsversehrte Männer Werkstätten zur Schaffung von Arbeitsplätzen eröffnet und Beratungsstellen eingerichtet. Bis heute setzt sich die AWO für Gerechtigkeit, Solidarität, Frauenrechte und für ein menschenwürdiges Leben ein. Maria Juchacz kam selbst aus dem Arbeitermilieu, sie war Dienstmädchen in mehreren Haushalten, arbeitete in einer Fabrik und in der Krankenpflege. Verblüfft hörten die Festgäste, dass es eine interessante Verbindung zwischen Idar-Oberstein und Maria Juchacz gibt. Ihre Schwester, Elisabeth Kirschmann-Röhl, auch Sozialdemokratin, war verheiratet mit dem sozialdemokratischen Politiker Emil Kirschmann, der in Oberstein 1888 geboren wurde. Nach ihm wurde die Emil-Kirschmann-Brücke in Idar-Oberstein benannt.
Nach der gelungenen Mischung von Musik, Tanz, Bewegung und Informationen zur AWO Geschichte waren alle zum Abendessen eingeladen. In Erinnerung an die Anfänge der AWO und den Suppenküchen bereiteten die Köche zwei Suppen zu. Mit Genuss ließen sich alle eine Spargelcremesuppe oder einen Feuertopf schmecken. So endete ein kurzweiliger, musikalisch und geschichtlich interessanter Nachmittag.